Die Bilder von Katherine Bernhardt sind ein immersives Erlebnis: ein kaleidoskopisches Universum elektrischer Farben, die wie Fleckenbilder verlaufen und sowohl Cartoon-Figuren als auch eine Vielzahl erkennbarer Konsumgüter darstellen können. Sie bilden Garfield in leuchtendem orange oder große bunte Nike-Schuhe und verschiedene andere Elemente der New Yorker Straßenkultur des 21. Jahrhunderts und der globalen Welt von Instagram ab.
Bernhardt taucht mit Leichtigkeit in die Geschichte ein und wieder aus: Der rosarote Panther kam 1964 auf die Leinwand, als Nike gerade in Produktion ging. Garfield ist eine Ikone der späten 1970er und frühen 80er Jahre. Oft malt sie bestimmte Objekte und Ikonen wegen ihrer faszinierenden Farben und Formen, wobei sie verschiedene Epochen miteinander vermischt und collagenartige Erinnerungen an unsere kollektive visuelle Vergangenheit schafft. Andere Motive, wie z. B. Tukane und tropische Früchte, spielen auf die Schönheit der Natur und der Umwelt an und bieten sowohl ungewöhnliche Formen zum Studieren als auch die Möglichkeit, mit einem breiten Farbspektrum zu experimentieren. Katherine Bernhardt greift „überlebensgroße“ Produkte wieder auf, die dank der von ihr gewählten aktuellen Farben oft lebendiger wirken als je zuvor.
Wie bei Garfield kombiniert die Künstlerin diese Motive zu spontanen und visuell fesselnden Kompositionen, die Lebensfreude versprühen. Doch bei aller Vertrautheit der Objekte oder der Reminiszenz an Cartoons sind ihre Botschaften mehrdeutig und stets interpretationsfähig. In diesem Sinne sind sie wie verschlüsselte visuelle Rätsel. In einigen Fällen verbindet Bernhardt das Liebenswerte (eine pummelige Garfield-Katze) mit dem Abscheulichen (Zigaretten und Junk Food). In einem anderen Beispiel verwendet sie Nikes als einen zeitgenössischen Bezug zu Meinungsfreiheit und Rassengerechtigkeit (durch die Proteste des Quarterbacks Colin Kaepernick bei NFL-Spielen, die dazu führten, dass er in Werbekampagnen von Nike auftrat, und durch die Verbindung zu #BLM, der Black-Lives-Matter-Bewegung, die ihren Ursprung in Bernhardts Heimatstadt St. Louis, Missouri, hat). Gleichzeitig isoliert sie die Schuhe als unbelebte Objekte und schlägt sie damit als neues Sujet für das traditionelle Genre der Stilllebenmalerei vor. Die Nikes können auch eine offene, direkte Darstellung von New York City sein, denn sie sind alles, was man tagtäglich in der U-Bahn sieht, zusammen mit den Metrokarten. Nikes und andere solche Ikonen verschmelzen buchstäblich dank der laufenden Farben, deren Flüssigkeit auch von Einflüssen wie Morris Louis, dem berühmten Fleckenmaler, zeugt. Aber was hat Babar, der „König der Elefanten“, mit dem Nike-Logo zu tun? Die ungewöhnliche Kombination zwingt den Betrachter dazu, ein aktiver Kenner zu werden und zu versuchen, die Bedeutung zu ergründen und zu interpretieren, oder er kann das Werk einfach nur in Form und Farbe genießen. Manche sehen vielleicht eine Anspielung auf Babar in dem meistverkauften Nike-Schuh „Atmos Air Max 1“, dessen Obermaterial mit einem Elefantenaufdruck und einem grünen Blitz in einem Farbton versehen ist, der an seinen Anzug zu erinnern scheint. Bernhardt könnte stattdessen erwidern, dass Babar in Grün gut aussieht, ein Farbton, der ihr von den unzähligen grünen Fliesen und Akzenten im Le jardin, einem ihrer Lieblingsorte in Marrakesch, vertraut ist. Ebenso könnten manche das Bild von Scotch Tape und Zigaretten als ein Wortspiel auf die verführerische, aber gefährliche Kombination von Whisky und Zigaretten deuten, während Bernhardt vielleicht antwortet, dass die Linien sich einfach gut überschnitten und „funktionierten“. Aber das vielleicht vollständigste Bild von allen ist das monumentale Garfield on Scotch Tape (2018), auf dem die Cartoon-Katze sich an den besten und schlimmsten aller Leckereien satt gefressen zu haben scheint.