Der Künstler FRINGE gehört mit seiner einzigartigen Ausdrucksweise zu den erfolgreichsten aufsteigenden Kunst-Stars Südafrikas.
Als Wegbegleiter seines Stils ist Faith47, ferner auch Sindiso Nyoni zu nennen. Alle drei haben ihre künstlerischen Wurzeln in Straßenmalerei und Comic-Illustration, die sie in ein Galerie-Umfeld emporheben.
Aber FRINGE’S offensichtliche Verspieltheit verbirgt eine tiefere Bedeutung – er arbeitet mit einem wiederkehrenden Repertoire an Charakteren und Symbolen. FRINGE legt seine Identität nicht offen und gibt nur selten Interviews. Dem Betrachter bleibt es damit überlassen, seine eigenen Schlüsse zu ziehen, was der Künstler ausdrücken möchte, wenn er Malerei und Collage auf der Leinwand vereint.
Aufschluss über diesen Prozess gibt uns ein Interview im Rahmen der Ausstellung “Fringe. The Very Definition” (2017): seine “embedded motifs (eingebetteten Motive)” wie Fringe sie nennt, deuten auf einen “fortdauernden Widerspruch zwischen erkennbaren und räumlichen Dingen mit kontrollierten und unkontrollierten Kräften, Präzision versus Unbestimmtheit, die zusammenkommen, um meine Botschaft zu vermitteln.”
Mit anderen Worten: auf der Leinwand schafft FRINGE den berühmten Charakteren einen Existenzraum und zeigt, wie die vorgefasste Meinung über sie von Betrachter zu Betrachter variiert. Und von Ort zu Ort. Kein einzelner Mensch hat ein einheitliches Bild von Marilyn Monroe, Mahatma Gandhi, Mickey Mouse oder Tintin – aber wir alle glauben, dass diese historischen Ikonen so stark in unserem Bewusstsein verankert sind, dass sie für uns alle gleichbedeutend sind.
Dabei setzt FRINGE offenkundig herausragende Personen der Zeitgeschichte wie Monroe oder Gandhi mit zweidimensionalen Comic-Helden wie Micky Maus und Tintin gleich.
Zum Einstieg können wir diskutieren, welche Bedeutung Gandhi im südafrikanischen Kontext hat – dem Land, in dem er den Grundstein für seinen Weg des passiven Widerstands gesetzt hat. Die Figur Gandhi ist hier nicht unkontrovers besetzt, da ihm häufig eine negative Haltung gegenüber Schwarzafrikanern während seines Protests gegen den britischen Kolonialismus unterstellt wird. Ähnlich verhält es sich mit der beliebten Comic-Figur Tintin, die von vielen außerhalb der westlichen Kultur als dreister Neo-Kolonialist verortet wird.
FRINGES humorvolle und wahrnehmbar fröhliche Gemälde fordern uns auf, diese Charaktere in Frage zu stellen, die längst zu Marken unserer Pop-Kultur geworden sind (FRINGE startete seine Karriere in der Werbung, so dass die Expertise für Marken Teil seiner kreativen DNA ist).
Ist beispielsweise die Figur der Monroe tatsächlich immer noch die ideale Frau in einer Welt, in der über Gender, Machtlosigkeit und Degradierung heiß diskutiert wird? Oder ist sie aus heutiger Sicht vielmehr ein schlechtes Beispiel dafür, wie Frauen “sein” sollen?
Symbole von FRINGE: Word Wildlife Fund, Coca-Cola, Spiegelei
FRINGE bedient sich einer Symbolik, die nicht weniger herausfordernd wie umstritten ist – und an dieser Stelle kommt seine Sozialsatire wirklich zum Vorschein.
Das Logo des renommierten World Wildlife Fund wird umgestaltet zu WTF (What The Fuck) und Coca-Cola wird lesbar als “Cocaine”. Es bleibt unsere Entscheidung, ob diese Verwandlungen verdient sind.
Auf ähnliche, noch raffiniertere Weise hat das allgegenwärtige Spiegelei in FRINGES Bildern nicht nur dekorativen Zweck.
In seinen frühen Arbeiten übernimmt der Künstler Leonardo da Vincis Studie eines Fötus als Grundmotiv und macht es zum historischen Kern von Kompositionen weiterer moderner Charaktere und Symbole. Wir können davon ausgehen, dass das wachsende Kind (als wiederkehrendes künstlerisches Motiv) eines Tages ein Individuum wird, das seinen Platz in einer Welt etablierter Marken und historischer Symbole sucht.
Gleichzeitig ist das Ei ein Symbol für Entwicklung und Nährung, wobei es nicht eindeutig für Positivität und Gesundheit steht.
Das Spiegelei ist perfekt produziert in einer zweifarbigen Spray-Technik. Die weiße Farbe läuft wie zufällig und imitiert die eigentliche Zubereitung. Gleichzeitig ist das Spiegelei ein ziemlich trauriges Symbol für massenproduziertes Frühstück bei Fast Food-Ketten und Franchisern.
Wir können es nicht betrachten, ohne dabei automatisch an seine Bedeutung in unserer industriellen Ess-Kultur zu denken, die schnelle und billige Massenprodukte bevorzugt und damit der Verwüstung unseres Planeten beschuldigt wird.
Der Künstler „FRINGE“ ist ein Phantom. Niemand, außer ein Galerist aus Johannesburg, kennt die Identität des Südafrikaners. Die Werke des Pop-Up-Sprayers hingegen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Allein auf der Plattform Instagram folgen „Fringe The Artist“ mehr als 20 000 Menschen. Und in seinem Heimatland sei der Pop-Up-Sprayer schon lange „ein Star“ wie der ebenfalls anonyme „Banksy“ in England, sagt Frank Fluegel.
Soloshows:
- The Very Definition (South Africa, Germany 2017)
- Don’t Blink (South Africa, Germany 2018)
- Porsche 911 exhibition (Desom Luxembourg, 2019)
- No Seriously (South Africa, Germany 2020).
- December 2021 Solo show at Gallery 508 in London.
- February 2022, solo exhibition, titled Calculus of Joy, at Scapegoat Gallery in Hyde Park.
- VIK gallery in Milan, April 2022
- MEC Museum Palermo, October 2022.